Als Azubi leistet ihr nicht nur Arbeit und lernt, sondern ihr bekommt in Form eures Gehalts auch jeden Monat einige Hundert Euro dafür zurück. So viel Geld, auch wenn es viel weniger als das Durchschnittsgehalt in Deutschland beträgt, ist verführerisch. Allerdings solltet ihr den Geldsegen nicht sinnlos zu eurem Vergnügen verpulvern. Nutzt eure Ausbildungszeit auch, um in finanzieller Hinsicht zu einem Erwachsenen heranzureifen – und beginnt, indem ihr gleich vom ersten Gehalt an verantwortungsvoll mit eurem Geld umgeht. Wenn ihr wissen wollt, worauf ihr dabei besonders achtgeben solltet und was ihr vermeiden müsst, solltet ihr jetzt weiterlesen.

Wenn man das Azubigehalt – oder rechtlich ganz korrekt die „Ausbildungsvergütung“ – als vergleichenden Maßstab an das Durchschnittsgehalt eines fertig Ausgebildeten anlegt, wirkt es oft ziemlich dünn. Trotzdem machen viele Azubis genau das. Tatsächlich solltet ihr einen anderen Vergleich anlegen: Eure bisherigen Einkünfte.

Selbst diejenigen von euch, die zuvor ein fürstliches Taschengeld bekamen, vielleicht auch garniert um weitere Euros aus einem Schülerjob, werden beim Blick auf die erste Gehaltsabrechnung große Augen machen. Klar, teilweise, weil ihr darauf seht, welche Abgaben man hierzulande zahlen muss. Aber in den meisten Fällen liegt das Erstaunen auf der Menge der nun plötzlich zur Verfügung stehenden Summen.

Dass viele von euch damit gern einen großen Kaufrausch starten würden, ist verständlich – immerhin habt ihr nach nur einem Ausbildungsmonat höchstwahrscheinlich härter und länger gearbeitet als in irgendeinem vergleichbaren Zeitraum zuvor. Allerdings: auch wenn es nicht in der Ausbildungsverordnung steht, dabei solltet ihr auch lernen, monetär erwachsen zu werden. Kaufrausch ist dabei die Kür. Was Pflicht ist und zuerst kommen sollte, zeigt euch der folgende Artikel.
 

Gebt euren Eltern – wenn es auch nur symbolisch ist

Zunächst raten wir euch, mit einem Prinzip vertraut zu werden, das man früher „Kostgeld“ nannte. Ihr habt nun knapp/gut zwei Jahrzehnte auf Mamas und Papas Kosten gelebt, vielleicht auch nur auf die Kosten von einem der beiden.

Zwar ist es vollkommen unmöglich, wirklich alles zurückzuzahlen – denn eure Erzeuger haben bis zum 18. Geburtstag satte 130.000 Euro für euch ausgegeben.

Aber wenn ihr noch weiterhin zuhause lebt, solltet ihr euch nun an den Kosten beteiligen. Sprecht mit euren Eltern. Rechnet gemeinsam durch. Meist läuft es je nach Familie und Azubigehalt auf erträgliche Summen zwischen 50 und 200 Euro hinaus.

Tipp: Seht es als Ausbildungsinhalt an: Wenn Ihr nach der Ausbildung wirklich auf eigenen Beinen steht, werden euch 50 bis 200 Euro für Wohnung, Energie und Nahrung sehr günstig vorkommen.
 

Überdreht das Payment-Rad nicht

Mit dem 18. Geburtstag werdet Ihr nicht nur volljährig, sondern „uneingeschränkt geschäftsfähig“, wie es im Rechtsdeutsch heißt. Bedeutet, Ihr könnt nun auf eigene Faust Konten eröffnen, Payment-Dienste (Stichwort PayPal) in Anspruch nehmen sowie vollwertige Kreditkarten bekommen.

Allerdings raten wir euch dringend, euch zuvor die Statistiken anzuschauen: Die U30-Generation stellt mit 13,47 Prozent den zweitgrößten Anteil an den Schuldnern nach Altersgruppe. Nur die 30-39er sind stärker vertreten – hauptsächlich aber deshalb, weil das die Hausbau-Generation ist, was immer ein hohes finanzielles Wagnis ist.

Jede Karte, jeder Payment-Dienst nimmt euch den Überblick über eure Ausgaben. Denn ihr seht erst Tage später auf dem Kontostand, dass wirklich Geld abgebucht wurde. Und je mehr Dienste ihr nutzt, desto unübersichtlicher wird das Ganze. Unser Tipp: Ein Payment-Dienst, eine EC-Karte. Und was Ihr offline kauft, am besten nur mit Bargeld. Ist zwar weniger modern und komfortabel, aber wenn ein Zwanziger aus der Geldbörse verschwindet, ist er sichtbar weg.

Tipp: „Null-Prozent-Finanzierungen“ sind eine enorme Schuldenfalle. So verlockend sie klingen, lasst besser die Finger davon.
 

Denkt an das Alter

Vielleicht habt ihr in den Diskussionen ums politische Tagesgeschehen schon mal den (heute ironisch verwendeten) Spruch „Die Renten sind sicher“ mitbekommen. Gesagt hat das der damalige Bundesarbeitsminister Norbert Blüm lange bevor ihr geboren wurdet – das war 1986.

Heute wissen wir, dass das alles andere als wahr war. Mehr noch, selbst die Deutsche Rentenversicherung, also das oberste Organ für die staatlichen Renten, sagt ganz klar, dass schon ab 2030 das Rentenniveau im Durchschnitt nur noch 44,3 Prozent des letzten Gehalts betragen wird.

Und nun überlegt, wie lange es noch bei euch dauern wird, bis ihr in Rente geht. Ja, das mag jetzt unheimlich weit weg wirken. Aber vertraut uns: und vertraut nicht darauf, dass ihr später vom Staat eine Rente bekommen werdet, die zum Leben reicht – falls ihr das jenseits von 2060 geltende Renteneinstiegsalter überhaupt erreicht und nicht schon vorher zwangsweise ausscheiden müsst, weil der Körper nicht mehr mitmacht.

Informiert euch daher so früh wie möglich, welche Möglichkeiten gegeben sind und betreibt eine jugendtaugliche eigenverantwortliche Absicherung. Klar, das geht von eurem Nettogehalt ab. Aber lieber jetzt, wo ihr noch zuhause lebt und die Ausgaben noch überschaubar sind. In der Regel sind die Sparlösungen auch so flexibel, dass sie immer wieder an unterschiedliche Lebenssituationen angepasst werden können.

Tipp: Lasst euch nicht vom politischen Tagesgeschehen, etwa der Diskussion ums bedingungslose Grundeinkommen, blenden. Bis euer Renteneinstiegsalter gekommen ist, werden sich noch viele Bundesregierungen und Programme abwechseln. Ob es dann etwas gibt, das wirklich wirksam ist, steht vollkommen in den Sternen.
 

Tappt nicht in die Abo-Falle

Einmal mehr müssen wir das Lied der offiziellen Statistiken singen, da es euch frisch volljährige Azubis abermals am härtesten betrifft. Denn bei denjenigen eures Alters, die überschuldet sind, sind es ein gutes Viertel wegen „unwirtschaftlicher Haushaltsführung“.

Klingt sehr allgemein, lässt sich umgangssprachlich aber als „lebt über seine Verhältnisse“ übersetzen. Zudem:

„Knapp zwei Drittel (64,9 %) der unter 25-Jährigen […] wiesen offene Verbindlichkeiten bei Telekommunikationsunternehmen auf. Die durchschnittliche Schuldenhöhe […] betrug 1573 Euro.“

Wir wollen euch damit nicht das Smartphone madig machen. Das ist heute einfach ein Muss. Aber überlegt genau:

  • Braucht ihr wirklich einen vollwertigen Handyvertrag?
  • Selbst wenn, muss es der teure mit dem XXL-Datenvolumen sein? Überall gibt es WLAN, so viel Volumen braucht man in der Regel gar nicht.

Ebenso wenig solltet ihr eure neugewonnene Finanzfreiheit zur Gänze den Handyherstellern übergeben. Die Superleistungen der High-End-Smartphones jenseits der 1000 Euro nutzt ihr wahrscheinlich nie aus, zahlt aber ein dickes Plus gegenüber einem womöglich völlig ausreichenden Mittelklassegerät – und wenn euch ein Galaxy S10+ runterfällt, ist es ebenso kaputt wie ein A40 für 250 Euro.

Tipp: Wenn es Netflix und Co. sein sollen, prüft, ob ihr euch einen Account mit Freunden teilen könnt. Abonniert aber nur einen Dienst gleichzeitig.
 

Legt was für den Spaß beiseite

Geld für die Eltern, für die Altersabsicherung, für den Handyvertrag. Schon diese drei Dinge werden eueren Nettolohn ein gutes Stück reduziert haben.

Allerdings sollte euch das nicht ärgern. Euer gesamtes künftiges Leben wird so aussehen. Selbst vom üppigsten Nettogehalt hat man nur einen Bruchteil über, um sich wirklich für die harte Arbeit zu belohnen.

Doch genau um dieses Belohnen geht es auch in diesem Kapitel. Wenn man eigenes Geld hat, begegnen einem in jeder Einkaufsstraße, auf jeder Shop-Webseite zahlreiche Verlockungen. Gebt ihr diesen nach, bis der freiverfügbare Rest eures Gehalts aufgebraucht ist, steht ihr am Monatsende mit leeren Händen dar.

Das kann zwar vorkommen, optimal ist es jedoch nicht. Abermals solltet ihr hier eure Ausbildungszeit auch als finanzielle Ausbildungsphase ansehen – und etwas weglegen. Jeden Monat!

Nutzt dazu ein Festgeldkonto. Hohe Zinsen dürft ihr zwar heute nicht erwarten, aber das ist auch nicht der Punkt. Es geht darum, dass jeden Monat über einen Festauftrag automatisch eine gewisse Summe darauf eingezahlt wird. Ähnlich wie bei der Kartenzahlung ist dieses Geld „weg“, ihr merkt es gar nicht wirklich.

Doch selbst wenn es im Monat nur 25 oder 50 Euro sind, am Ende eures ersten Lehrjahres sind daraus 300 bis 600 Euro geworden. Genug für:

  • eine etwas üppigere Anschaffung
  • vielleicht einen genialen Urlaub mit euren Freunden
  • einen Spar-Grundstock für die erste Wohnung

Nutzt dieses Geld als die Belohnung für das, was ihr euch in den einzelnen Monaten nicht gönnen könnt, weil dann kein Cent mehr übrig wäre. Und nehmt fürs Leben mit, dass ihr euch immer etwas beiseitelegt. Das mag in jungen Jahren spießig wirken, aber es verhindert vielleicht lebenslang, dass auch ihr mal in der Statistik „unwirtschaftliche Haushaltsführung“ auftaucht.


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