Jedes Jahr stehen Schulabgänger vor der Frage, welchen weiteren Ausbildungsweg sie einschlagen. Für Abiturienten steht das Studium auf der Agenda ganz oben. Karrierechancen kann aber auch die klassische Lehrausbildung bieten. Bleibt noch ein Aspekt zu klären: Will ich lieber Spezialist werden oder bleibe ich ein Alleskönner? Was hier klischeehaft in den Raum gestellt wird, ist eine grundsätzliche Frage, wenn es um Qualifikation und Karriere geht. Generalisten haben im Job den Vorteil einer hohen Flexibilität. Dank der generalisierten Ausbildung lässt sich der Generalist in verschiedenen Abteilungen einsetzen.

Spezialisten sammeln im Gegenzug ein erhebliches Know-how – das sie zu absoluten Koryphäen macht, denen niemand in der Abteilung das Wasser reichen kann. Der Nachteil: Im Wissen und den Fähigkeiten ist der Spezialist so fokussiert, dass er kaum noch etwas anderes machen kann. Ein sehr bildhaftes Beispiel liefert die Humanmedizin. Allgemeinmediziner sind herausragende Hausärzte. Fachlich so gut gebildet, dass sie gängige Erkrankungen erkennen und Behandlungen in die Wege leiten können, würde sich kein Patient beim Hausarzt für die Neurochirurgie unters Messer legen. Auf der anderen Seite ist ein Orthopäde ganz sicher nicht in der Lage, eine Koloskopie vorzunehmen. Wer hat aber am Ende die Nase vorn, wenn es um Karriere und Gehalt geht?
 

Vorteile einer Spezialisten-Ausbildung

Spezialisten und Generalisten koexistieren in der Berufswelt nicht nur in gleichen Branchen. Oft setzen Unternehmen auf einige Spezialisten, beschäftigen trotzdem viele Generalisten, um das Kerngeschäft am Laufen zu halten. Was macht Spezialisten eigentlich aus? Der Expertenstatus definiert sich nicht ausschließlich durch die Berufswahl. So durchlaufen Azubis:

  • Elektroniker
  • Anlagentechniker
  • Bankkaufmann

zuerst allgemeine Ausbildungsabschnitte – und werden erst später zu Spezialisten. Beispiel Anlagentechniker: Hier kann sich später zu einem Experten für Brandschutz oder Kraftwerkstechnik weitergebildet werden.

Dank dieser zusätzlichen Skills engen sich zwar die Einsatzmöglichkeiten für Spezialisten ein. Auf der anderen Seite sticht der Spezialist aus der Masse heraus – und ist für das Unternehmen weniger verzichtbar. Sofern eine Entlassungswelle durchs Unternehmen rollt, sind Spezialisten mitunter in einer besseren Position.
 

Bessere Jobaussichten

Gerade, wenn die Spezialisierung sehr gefragt ist, haben Spezialisten selten ein Problem mit der Jobsuche. Im Gegenteil: Oft sind es Headhunter, welche Spezialisten ansprechen und abzuwerben versuchen.
 

Top Gehalt

Auch beim Gehalt kann sich das besondere Know-how bezahlt machen. Spezialisten haben das eine oder andere Pfand in der Hand, wenn es um die Gehaltsverhandlungen geht. Der Marktwert steigt, je angespannter die Situation am Arbeitsmarkt ist und je mehr Fähigkeiten der Bewerber in seinem Spezialgebiet angesammelt hat.
 

Stellenausschreibung

Unternehmen suchen selten „ein Mädchen für alles“. Stattdessen stehen konkrete Anforderungsprofile in den Stellenausschreibungen. Und häufig sind es gerade Spezialisten, welche von Firmen gesucht werden.
 

Aufstiegschancen

Spezialisten verfügen über Know-how, dank dem sie aus der Masse herausstechen. Dank dieser Tatsache kann es mit dem beruflichen Aufstieg – etwa der Leitung einer Fachabteilung – sehr viel schneller gehen.

Dass Spezialisten finanziell oft besser dastehen, lässt an verschiedenen Beispielen zeigen – auch am eingangs erwähnten Allgemein-/Facharzt. Das Durchschnittsgehalt eines Allgemeinmediziners liegt bei circa 65.000 EUR pro Jahr. Fachärzte erreichen deutlich höhere Gehälter. Besonders deutlich wird der Gehaltssprung, wenn Fachärzte in die Stations- und Klinikleitung aufsteigen.

Hier sind sechsstellige Jahresgehälter keine Seltenheit. Ein Chefarzt kann schnell eine Viertelmillion Euro pro Jahr verdienen.
 

Flexibilität & Co.: Vorteile der Generalisten

Laut DIHK legten 2017 mehr als 295.000 Auszubildende ihre Abschlussprüfung ab. Viele Azubis haben bereits während der Ausbildung den Grundstein für eine spätere Spezialisierung im Job gelegt. Ein Teil ist mit dem Start ins Berufsleben aber noch als Generalist unterwegs. Ein Status, welcher angesichts der Vorteile des Spezialisten vielleicht hinderlich wirkt. In der Praxis schätzen Unternehmen Generalisten genauso wie die fachliche Kompetenz ihrer Spezialisten. Und das Ganze natürlich seine Gründe.

  • Flexibilität: Generalisten bringen viele grundlegende Fähigkeiten mit und lassen sich in einem Unternehmen recht flexibel auf verschiedenen Positionen einsetzen. Damit bieten sich ihnen ein breites Tätigkeitsfeld. Generalisten können sich deshalb sehr gut in die Gesamtleistung des Unternehmens einbringen.
  • Chancen am Arbeitsmarkt: Auf Spezialisten muss eine Stellenbeschreibung sehr genau passen. Da Generalisten in ihren Tätigkeiten nicht so stark festgelegt sind, besetzen sie verschiedene Stellen, was zu mehr Möglichkeiten am Arbeitsmarkt führt.
  • Entwicklungsfähigkeit: Spezialisten sind auf ein Fachgebiet festgelegt und nicht mehr so wandelbar. Generalisten bietet sich hingegen die Möglichkeit, in einem Unternehmen zu wachsen und sich weiterzuentwickeln.

Generalisten haben – durch ihren breiten Einsatz – oft einen besseren Überblick über „das Ganze“. Es ist daher nicht gesagt, dass Generalisten nicht auch Führungsverantwortung übernehmen können. Unternehmen setzen in einigen Bereichen sogar lieber auf Führungskräfte mit generalistischer Ausbildung – gerade, wenn es um die Organisation mehrerer Fachabteilungen geht.

Wie generalistisches Arbeiten als „Allrounder“ funktioniert, zeigt das Beispiel Optiker. Der Fokus liegt in drei verschiedenen Bereichen:

  • Stilberatung/Kundenbetreuung
  • Ausgleich von Sehschwächen (optometrische Grundlagen)
  • Handwerk.

Letzteres umfasst beispielsweise die Anpassung und Bearbeitung von Gläsern sowie die Beurteilung von Schäden usw. Mit dieser generalisierten Ausbildung kann der Optiker in verschiedenen Unternehmensbereichen wie der Fertigung eingesetzt werden.

Aber: Optiker können sich auch für Weiterbildungen entscheiden – von der Meisterprüfung bis zum Studium. Er kann Fähigkeiten in die folgenden Richtungen ausbauen:

  • Betriebsführung
  • Medizintechnik
  • Optometrie

Wer sich hier weiterbildet, hat gute Chancen, sich so die Karriereleiter hochzuarbeiten. Dabei wird er mit Zeit jedoch auch immer mehr zu einem Spezialisten.
 

Welche Ausbildung passt zu mir?

Welche Richtung soll ich einschlagen – die Frage ist für Auszubildende und Studenten essentiell. Schließlich werden damit Weichen für die berufliche Zukunft gestellt. Wie finden junge Erwachsene heraus, ob sie lieber zu den Generalisten gehören wollen oder sich zu einem Spezialisten entwickeln?

In erster Linie sind ist die persönliche Einstellung entscheidend. Wer:

  • gern über den Tellerrand blickt und Neues ausprobiert
  • Interesse an verschiedenen Tätigkeiten/Themen hat
  • sich gern in neue Wissensgebiete einarbeitet

ist bei den generalistischen Ausbildungen/Berufen sicher gut aufgehoben. Wer sich für ein Themengebiet begeistert und hier in alle Ecken vordringt und sich darauf unbedingt fokussieren will, findet seine berufliche Zukunft bei den Spezialisten.

Aber: Die Linie ist fließend. Es kann innerhalb eines Berufslebens durchaus passieren, dass aus Generalisten eingefleischte Spezialisten werden. Ein Grund ist die bereits angesprochene Fähigkeit der Generalisten, sich in einem Unternehmen weiterzuentwickeln.
 

Wer hat die besseren Karrierechancen?

Auf den ersten Blick haben Spezialisten die Nase vorn. Sie machen sich unentbehrlich, haben das fachliche Know-how und können neue Lösungen entwickeln. Alles hervorragende Eigenschaften – wenn sie richtig eingesetzt werden. Managementexperten sehen Generalisten allerdings in einigen Bereichen überlegen: fachliche Breite und Umsetzungskompetenz. Spezialisten in höheren Managementpositionen laufen Gefahr, sich zu sehr auf ihr Fachgebiet zu konzentrieren.

Generalisten treffen Entscheidungen basierend auf dem breiten fachlichen Fokus heraus, die für einige Fachabteilungen auch unangenehm sein können. Letztlich geht es dem Generalisten aber darum, das große Ganze – sprich ein Unternehmen – zusammenzuhalten.
 

Fazit: Stärken ausspielen und beruflich Erfolg haben

Generalisten und Spezialisten stehen sich in der Berufswelt gegenüber. Auf den ersten Blick liegt der Verdacht nahe, hier geht es um Konkurrenz. Eine Sichtweise, die auch Auszubildenden aus dem Umfeld eingeimpft wird. In Deutschland spielt theoretisches Wissen immer noch eine große Rolle. Dabei kann gerade ein generalisierter beruflicher Ansatz die Karriereleiter sehr weit nach oben führen. Spezialisten tragen wesentlich zur Entwicklung eines Unternehmens bei. Ein zu starker fachlicher Fokus kann in der Praxis aber auch zu Problemen führen – wenn das Gesamtbild in den Hintergrund rückt. Generalisten bringen hier entscheidende Impulse mit. Darüber hinaus ist deren großes Pfand die Flexibilität und Entwicklungsmöglichkeiten. Um nach Studium oder Ausbildung den richtigen Einstieg zu schaffen, ist eines von Bedeutung: Sich eigener Stärken bewusst sein und diese ausspielen.
 

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